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Was kommt 1956 zu neuen Ehren?

Das CARE-Paket.

Die Lebensmittelpakete aus Amerika sind nach Ende des Zweiten Weltkrieges für Millionen Menschen in Europa lebensrettend, denn es mangelt an Nahrung, Kleidung und Medikamenten. 22 Wohlfahrtsverbände in den USA gründen daher am 27. November 1945 die Hilfsorganisation „Cooperative for American Remittances to Europe.

Österreich erhält eine Million Pakete. Rund drei Prozent davon landen im Burgenland. Die Standardausstattung sind Konserven mit Fleisch, Speck, Margarine, Schweineschmalz, Kraftbrühe, Zucker, Honig, Schokolade, Rosinen, Marillen, Eipulver, Kaffee und dem wichtigen Milchpulver, das vor allem Mütter von Babys und Kleinkindern zu schätzen wissen. Die Dosen haben die Aufschrift „Donated by the People of the United States of America. Not to be sold or exchanged.” (Gespendet vom Volk der Vereinigten Staaten von Amerika. Darf nicht verkauft oder getauscht werden.)

Das Care-Paket ist für die Menschen kostbar. Manche Konserven werden wie ein Schatz gehütet und als eiserne Reserve aufbewahrt. Viele Kinder essen zum ersten Mal in ihrem Leben Schokolade.

Es gibt auch Pakete mit Decken, Kleidung für Babys und Kinder, Werkzeug, Schulsachen und Stoffen – Lebensmittel sind aber für alle das größte Geschenk.

Österreich bedankt sich für die Hilfslieferungen. 1948, CARE
Österreich bedankt sich für die Hilfslieferungen. 1948, CARE

1955, im Jahr des Abzugs der Besatzungsmächte, wird das vorerst letzte Versorgungspaket nach Österreich geschickt – der Wiederaufbau ist getan und innerhalb des Vorstandes von CARE entfacht eine heftige Diskussion, wie es mit der Hilfsorganisation nun weitergehen soll. Während mehrere Vorstandsmitglieder den Auftrag von CARE als erloschen sehen und die europäischen Verteilerzentren von CARE schließen möchten, setzen sich deren Kontrahenten für den Fortbestand von CARE ein. Der Fokus soll fortan jedoch auf den Entwicklungsländern liegen. 

Doch nur ein Jahr später, 1956, sieht alles anders aus. Das CARE-Paket erlebt seine Wiedergeburt als im Zuge des Ungarnaufstandes rund 200.000 Menschen nach Österreich flüchten. Für das Burgenland und seine Landeshauptstadt Eisenstadt ist dies eine besondere Herausforderung. Die riesige Flüchtlingswelle über die Grenze nach Österreich rückt das Burgenland und auch Eisenstadt in den Fokus des internationalen Interesses.

Die Bewältigung des Flüchtlingsstromes und die Versorgung der Menschen ist eine hohe logistische Herausforderung, auf die man nicht vorbereitet ist. Von Wien aus leistet CARE Hilfe für die Flüchtlinge aus Ungarn.

Care Pakete werden im Rahmen der Ungarnhilfe verteilt. 1956, CARE
Care Pakete werden im Rahmen der Ungarnhilfe verteilt. 1956, CARE

Zu Beginn ist die Aufnahme von 6000 Flüchtlingen im Burgenland geplant. In Eisenstadt dient die Beamtensiedlung in der Ignaz Till-Straße als Sammelzentrum. Die dortigen Bauten sind von der Besatzungsmacht schwer in Mitleidenschaft gezogen. Rasch wird der desolate Zustand beseitigt und die Räumlichkeiten bewohnbar gemacht. Aus dem ganzen Burgenland werden die Flüchtlinge ins provisorische Aufnahmezentrum nach Eisenstadt gebracht. Bei der Ankunft erhalten die Flüchtlinge von CARE Willkommenspakete, die mit den nötigsten Toiletteartikeln ausgestattet sind. Für die Kinder gibt es Schokoladeriegel.

Im Flüchtlingslager in Eisenstadt verteilt CARE zudem 500 Paar Babyhöschen aus Kunststoff. Die Mitarbeiter setzen bei der Verteilung der humanitären Hilfe einen diplomatischen Akzent: Jedem Lebensmittelpaket liegt ein auf Ungarisch gedrucktes Etikett bei, auf dem zu lesen ist, dass es sich bei den Hilfsgütern um ein Geschenk des amerikanischen Volkes handelt.

Anfang Dezember 1956 zählt man bereits mehr als 36.000 ungarische Flüchtlinge im Burgenland. Am 20. Dezember macht sich US-Präsident Richard Nixon selbst ein Bild dieser dramatischen Lage und besucht im Rahmen seines Aufenthaltes auch Eisenstadt.

Die dramatischen politischen und humanitären Ereignisse in Ungarn, nur wenige Kilometer von Eisenstadt entfernt, legen den Grundstein für den Fortbestand von CARE Österreich.